„Unterscheidung der verschiedenen Verläufe innerhalb schubförmig-remittierenden Verlaufsform.“
Ein
weiteres Forschungsthema ist die Unterscheidung der verschiedenen
Verläufe innerhalb schubförmig-remittierenden Verlaufsform. Denn auch
hier können unterschiedlich schwere Verläufe, unterschiedliche
Symptome, und Verwandtschaften zu ähnlichen, aber unterscheidbaren
Krankheiten bestehen.
Daraus können sich unterschiedliche
therapeutische Ansätze entwickeln, auf dem Weg zu einer
„individualisierten Medizin“. Denn immer noch ist so, dass die meisten
Medikamente für diese Verlaufsform nach dem Motto „Versuch und Irrtum“
eingesetzt werden müssen. Das heißt, dass das Risiko einer unwirksamen
Therapie zu – je nach Medikament – 30% bis 70% eingegangen werden muss,
bis der klinische Verlauf zeigt, ob die Therapie wirkt oder eben nicht.
Auch
wenn dieser Forschungsansatz für den Laien vielleicht etwas schwer zu
verstehen ist, möchten wir doch versuchen, Ihnen zu erklären, was in der
Arbeitsgruppe von Prof. Meinl erforscht wird:
Die Idee bei den
Untersuchungen ist es, durch Laboruntersuchungen sogenannte „Biomarker“
dieser unterschiedlichen Typen der schubförmig verlaufenden MS zu
differenzieren, um dann durch eine Blutuntersuchung bei Patienten mit
einer MS eine bestimmte Verlaufsform zuzuordnen und dann gezielt zu
therapieren.
Ein Beispiel für solche Biomarker sind Antikörper gegen das Myelin Oligodendrozyten Glykoprotein (MOG).
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Das Myelin Oligodendrozyten Glykoprotein (MOG) ist an der Außenseite
von Myelin – also der Isolierschicht der Nervenfasern, die bei der MS
angegriffen wird – exponiert und daher für Antikörper zugängig. Im Labor
von Prof. Meinl wurde eine Methode entwickelt, die es erlaubt,
MOG-Antikörper-positive Patienten zu identifizieren. Prof. Meinl und
Kollegen beobachteten kürzlich einen Patienten, der histo-pathologisch
eine Multiple Sklerose Typ II (Antikörper-vermittelt) hatte, und in
dessen Blut Antikörper gegen MOG nachweisbar waren. (Spadaro et al. ACTN
2015). Dieser Patient zeigte Symptome, die teilweise mit den Symptomen
der MS, teilweise mit den Symptomen der Neuromyelitis optica überlappten
(die Neuromyelitis optica ist eine Erkrankung, die der Multiplen
Sklerose sehr ähnlich ist, jedoch anders behandelt wird).
In
Kooperation mit Frau PD Dr. med. Tania Kümpfel, Oberärztin am Institut
für Klinische Neuroimmunologie, untersuchten die Wissenschaftler eine
größere Kohorte (>100 MS Patienten) aus der Ambulanz des Instituts.
Die untersuchten Patienten hatten eine Multiple Sklerose mit schweren
Läsionen im optischen Nerv und im Rückenmark, und zeigten somit
Ähnlichkeit zur Neuromyelitis optica. In dieser Kohorte konnten bei 5
Patienten Autoantikörper gegen MOG nachgewiesen werden (Spadaro et al.
Neurology: Neuroimmunology, Neuroinflammation 2016). Zusammenfassend
zeigen diese Untersuchungen, dass bei einer Untergruppe von Patienten
mit Multipler Sklerose Antikörper gegen MOG vorkommen. Im Weiteren wird
es darum gehen herauszufinden, welche funktionellen Eigenschaften diese
Autoantikörper haben und wie MS-Patienten mit Antikörpern gegen MOG am
besten zu behandeln sind. Die Erstautorin dieser beiden Arbeiten,
Melania Spadaro, ist biologische Doktorandin; ihr Doktorandengehalt wird
von der Werner Reichenberger Stiftung und dem Verein für
Therapieforschung getragen.
Publikationen 2015/2016 zu diesem Thema:
Spadaro
M*, Gerdes LA*, Mayer MC, Ertl-Wagner B, Laurent S, Krumbholz M,
Breithaupt C, Högen T, Straube A, Giese A, Hohlfeld R, Lassmann H*,
Meinl E*, Kümpfel T*. Histopathology and clinical course of
MOG-antibody-associated encephalomyelitis. Ann Clin Trans Neurol. 2015.
2:295-301
Spadaro M*, Gerdes LA*, Krumbholz M, Ertl-Wagner B, Thaler
FS, Schuh E, Metz I, Blaschek A, Dick A, Brück W, Hohlfeld R, Meinl E*,
Kümpfel T*. Autoantibodies to MOG in a distinct subgroup of adult
multiple sclerosis. Neurol Neuroimmunol Neuroinflamm. 2016. 3:e257
* Equal contribution
Auch
wenn der Verein “Therapieforschung für MS-Kranke“ derartige
Untersuchungen nur zum Teil oder unterstützend fördern kann, sehen wir
es als Aufgabe unseres Vereins, hier alles zu tun, um einen Beitrag zur
Bekämpfung der Krankheit zu leisten. Sollten Sie die Möglichkeit sehen,
uns hierbei auch weiterhin zu unterstützen, würden wir uns über jede
Spende sehr freuen.